Friedhofsdokumentation
JÜDISCHE FRIEDHÖFE IN SÜDWESTDEUTSCHLAND
Dr. Joachim Hahn
Quelle:
Joachim Hahn: Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg [Herausgegeben von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und dem Innenministerium Baden-Württemberg]. Stuttgart 1998, S. 59-69. Hahn 1988)
Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Konrad Theiss Verlags, Stuttgart.
In Südwestdeutschland lebten im Mittelalter in fast allen Städten Juden. In einigen dieser Städte konnte die örtliche jüdische Gemeinde auch einen eigenen Friedhof anlegen, der sich entsprechend der jüdischen Vorschriften außerhalb der Stadtmauer befand. Etliche Gemeinden belegten einen gemeinsamen Friedhof. So wurden die Bopfinger Juden in Nördlingen, die Konstanzer wahrscheinlich in Überlingen, die Stuttgarter vermutlich in Esslingen beigesetzt. Im Zusammenhang mit den Judenpogromen der Pestzeit (1348/49) und den Ausweisungen der Juden um 1500 aus den meisten Städten und Herrschaften sind die mittelalterlichen jüdischen Friedhöfe mit wenigen Ausnahmen zerstört worden, so daß ihre Lage bisweilen nur noch über einen Flurnamen oder durch alte Pläne bekannt ist. Die Grabsteine der abgeräumten Friedhöfe wurden für den Haus- und Mauerbau verwendet, in Ulm beim Bau des Münsters oder anderer Gebäude (auch wurden Steine nach anderen Orten verkauft, so in Langenau), in Überlingen beim Bau der Spitalkapelle, des Münsters und der Stadtmauer. Zu den wenigen erhaltenen jüdischen Friedhöfen des Mittelalters zählen Külsheim, Neudenau und Wertheim, wobei die letztgenannte Anlage von herausragender Bedeutung ist. Hier haben sich allein 72 Grabsteine mit Sterbedaten des 15. Jahrhunderts erhalten (ältester Stein von 1405). Etliche der Wertheimer sind somit älter als die ältesten des Prager Judenfriedhofes. An einigen Orten fanden sich bei der Restaurierung von Gebäuden oder auf dem ehemaligen Friedhofsgelände Grabsteine (so in Ehingen/Donau, Heilbronn und Überlingen).
Insgesamt waren im Mittelalter zumindest an folgenden Orten jüdische Friedhöfe vorhanden: (Buchen-)Bödigheim (14./15. Jh.?), Ehingen/Donau, Esslingen (1348 zerstört), Heidelberg (1391 geschlossen), Heilbronn (erster Friedhof 1415 geschlossen, danach zweiter Friedhof), Mengen-Ennetach (14./16. Jh.), Külsheim (spätestens um 1600 entstanden), Neubulach, Neudenau (1492 genannt), Rottenburg a. N. (14./15. Jh.), Schwäbisch Gmünd (13./15. Jh.), (Forchtenberg-)Sindringen, Überlingen, Ulm (erster Friedhof 1281 genannt, zweiter Friedhof 1356 genannt), Waldkirch (erster Friedhof vor 1349?, zweiter Friedhof 15. Jh.), Weil im Schönbuch (?), Wertheim, Winnenden (?).
Im 16. Jahrhundert entstanden an etlichen Orten kleinerer Herrschaften jüdische Gemeinden. Diese waren noch stärker als im Mittelalter auf die Gunst der Obrigkeit angewiesen, um ein Stück Land für die Beisetzungen ihrer Verstorbenen mieten oder erwerben zu können. Zumeist waren dies Grundstücke, die fernab der Ortschaft lagen und landwirtschaftlich nicht nutzbar waren (zum Beispiel Nordhänge, teilweise auch bewaldet). Einige der Friedhöfe dieser Zeit wurden von jüdischen Gemeinden bzw. Familien einer weiten Umgebung benutzt. Im 16. Jahrhundert entstanden an folgenden Orten Friedhöfe, die noch erhalten sind: (Bopfingen-)Aufhausen (ca. 1560 angelegt), (Bad Rappenau-)Heinsheim, Mosbach (1559 genannt), (Horb-)Mühringen (Mitte 16. Jh.), Neckarsulm (um 1550 angelegt, oder spätestens im 17. Jh.), Sulzburg, (Lauda-Königshofen-)Unterbalbach (seit 1590), (Haigerloch-)Weildorf (vor 1567 angelegt). Andere im 16. Jahrhundert entstandene Friedhöfe bestehen heute nicht mehr: Aach (16./17. Jh.), Bad Buchau (alter Friedhof des 16./17. Jh. hinter Kappel), Grundsheim (1575-1720 belegt), (Steinheim-)Höpfigheim, Küünzelsau (1550-1599 belegt), Mittelbiberach, Mülheim/Donau (1528/1571), (Schwendi-)Orsenhausen (nach 1550), (Horb-)Rexingen (alter Friedhof), Schechingen (16./17. Jh.), Schwäbisch Gmünd-)Straßdorf, Stühlingen (16.-18. Jh.).
Im 17. Jahrhundert entstanden neue jüdische Friedhöfe, die größtenteils bis zur Gegenwart erhalten sind: (Obersulm-)Affaltrach (1683 genannt), (Schöntal-)Berlichingen (vor 1623), Bad Buchau (neuer Friedhof 1659 angelegt), Creglingen, (Obererdingen-)Flehingen (1688 genannt),Gaillingen (1676), Hechingen (Mitte 17. Jh.), Hemsbach (1674 genannt), Kuppenheim (vor 1692), Lörrach (alter Friedhof, 1670), Mannheim (alter Friedhof, 1661), (Bruchsal-)Obergrombach (1632), Kraichtal-(Oberöwisheim) (1629), (Gottmadingen-)Randegg, (Kippenheim-)Schmieheim, Waibstadt (vor 1690), Wiesloch (1661 genannt). Ferner wurden an folgenden Orten Friedhöfe angelegt, die nicht mehr bestehen: Aulendorf (bis 1693 belegt), (Bopfingen-)Baldern (ca. 1631-1658 belegt), Donaueschingen (17./18. Jh.), Essingen (ca. 1685-1780) belegt), Heidelberg (seit 1688 für wenige Jahre belegt), Offenburg (alter Friedhof, im 17. Jh. angelgt, bis 1813 belegt), Weinheim (17./18. Jh.).
Auch die meisten der in dieser Zeit entstandenen Begräbnisstätten dienten noch als zentrale Friedhhöfe der in einer weiten Umgebung bestehenden jüdischen Gemeinden. So war der Friedhof in Waibstadt lange Zeit für Juden aus 30 umliegenden Orten eine gemeinsame letzte Ruhestätte. Wie bei der Aufnahme jüdischer Familien an einem Ort, so standen auch bei der Genehmigung eines jüdischen Friedhofs durch eine Ortsherrschaft gewöhnlich wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. In (Kraichtal-)Oberöwisheim besaßen die Herren von Helmstatt und Sternenfels Anfang des 17. Jahrhunderts einen unfruchtbaren Steilhang, der als Schulgut um 1620 jährlich gerade 3 Gulden einbrachte. Nachdem sie ihn den Juden der Umgebung als Begräbnisplatz zugewiesen hatten, mußten diese jährlich 11 Gulden Bodenzins entrichten, zusätzlich bei jeder Beisetzung einen Gulden (Kinder unter 7 Jahren 30 Kreuzer). Für Tote, die auf dem Weg zum Friedhof andere Herrschaftsgebiete passieren mußten, fiel noch der sogenannte Leichenzoll an. Ähnlich hohe Gebühren waren auch an den anderen Orten mit Friedhöfen der Obrigkeit zu entrichten. Der Deutschorden erhielt für die Unterbalbacher Anlage einen Jahreszins von 16 Gulden. Im südbadischen Sulzburg bestimmte die Friedhofsordnung von 1664, daß bei der Beisetzung eines Erwachsenen 1 Gulden, bei der Beisetzung eines Kindes 30 Kreuzer, für einen auswärtigen Toten 2 Gulden zu bezahlen waren.
Auch auf außerhalb des heute baden-württembergischen Gebietes liegenden jüdischen Friedhöfen wurden von etlichen Gemeinden Beisetzungen vorgenommen, da sie über keine eigenen Friedhöfe verfügten. So diente bis in das 17. Jahrhundert hinein der Wormser Friedhof den Juden der Kurpfalz und des westlichen Kraichgaus als Begräbnisplatz. Im heute hessischen Hirschhorn begruben die Familien aus (Waldbrunn-)Strümpfelbrunn und Zwingenberg ihre Toten. Entsprechendes gilt für die Gemeinden in Freudenberg (Beisetzungen in Fechenbach/Bayern), Grünsfeld und (Lauda-Königshofen-)Messelhausen (Beisetzungen in Allersheim/Bayern). Zahlreiche Gemeinden in den Bereichen Crailsheim und Schwäbisch Hall brachten lange Zeit ihre Toten ins bayerische Schopfloch, die (Riesbürg-)Pflaumlocher Juden benutzten bis ins 19. Jahrhundert hinein den Friedhof in Wallerstein/Bayern. Die Breisacher Juden wurden bis ins 18. Jahrhundert in Mackenheim/Elsaß beigesetzt. Andererseits lassen sich auch zahlreiche Gemeinden auf heute bayerischem Gebiet nennen, die ihre Toten auf den Friedhöfen in heute "grenznahen" Orten wie (Werbach-)Wenkheim oder Weikersheim begruben. Die jüdischen Gemeinden der nördlichen Schweiz, Lengnau und Endingen, bestatteten ihre Toten im 17. und 18. Jahrhundert auf dem sogenannten Judenäule, einer auf deutschem Gebiet gelegenen Rheininsel bei Waldshut, die nicht mehr besteht. Lange Zeit dauerte es oft, bis es sich die jüdischen Gemeinden leisten konnten, die Friedhöfe mit Holzzäunen oder Mauern so abzugrenzen, daß der Schutz der Totenruhe besser gewährleistet war.
Im 18. Jahrhundert entstanden weitere jüdische Friedhöfe an Orten, in denen es erst in dieser Zeit eine Gemeinde gab. Vielerorts bemühten sich die jüdischen Familien auch darum, eine Begräbnisstätte in ihrer Nähe zu erhalten, um beim Besuch der Gräber von Angehörigen keine weite Reise auf sich nehmen und bei Beisetzungen keine Leichenzölle zahlen zu müssen. Aus dieser Zeit stammen die Friedhöfe in (Rottenburg-)Baisingen (1779), Binau (18. Jh. oder erst um 1835), Braunsbach (1738), Breisach (alter Friedhof, 1755), Münsingen-)Buttenhausen (1789), (Hohberg-)Diersburg (um 1770), (Angelbachtal-)Eichtersheim (1781), Emmendingen (alter Friedhof, 1717), Freudental (alter Friedhof, nach 1723 angelegt, 1811 abgeräumt), Heidelberg (Klingenteich-Friedhof, 1702), (Remseck-)Hochberg (1795 oder 1808), (Göppingen-)Jebenhausen (1779), Laupheim (nach 1730), (Horb-)Mühlen (um 1800), Niederstetten (1737/40), (Horb-)Nordstetten (1797), (Horb-)Rexingen (1760/70), (Waldshut-)Tiengen (1760), (Kusterdingen-)Wankheim (um 1780), Weikersheim (1730). Drei der im 18. Jahrhundert angelegten jüdischen Friedhöfe bestehen heute nicht mehr: (Ravenstein-)Hüngheim (1769-1773 belegt), Karlsruhe (erster Friedhof 1723-1826 belegt) und Nußloch (zweite Hälfte des 18. Jh.).
In der Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert muß es noch an zahlreichen weiteren Orten jüdische Friedhöfe gegeben haben, wie die Überlieferung in den Flurnamen vermuten läßt. Wahrscheinlich handelt es sich in den meisten Fällen um Anlagen, die nur kurzzeitig genutzt wurden, bevor sich die betreffende Gemeinde einem Friedhofsverband mit Zentralfriedhof anschloß. An einigen der Orte sind jedoch bis heute keinerlei schriftliche Quellen bekanntgeworden, die eine jüdische Ansiedlung in diesem Zeitrau belegen. Der Flurname Judenfriedhof (auch Judenkirchhof, Judengottesacker oder ähnlich) begegnet an folgenden Orten: (Eppingen-)Adelshofen, (Creglingen-)Archshofen, (Langenbrettach-)Brettach, (Weissbach-)Crispenhofen, (Karlsruhe-)Durlach (?), (Sinsheim-)Ehrstädt, (Balingen-)Erzingen, Gondelsheim, (Leingarten-)Großgartach, (Freiburg-)Hochdorf, (Albstadt-)Lautlingen, (Schwaigern-)Massenbach, Müllheim, (Creglingen-)Münster, (Heilbronn-)Neckargartach, (Zaberfeld-)Ochsenburg, (Jagsthausen-)Olnhausen, (Sinsheim-)Reihen, (Sinsheim-)Rohrbach, a.G., (Möckmühl-)Ruchsen, (Neudenau-)Siglingen, (Mulfingen-)Simprechtshausen, (Lichtenstein-)Unterhausen (?), (Widdern-)Unterkessach, Weissbach, Werbach, (Bad) Wimpfen. In Ölbronn(-Dürrn) bestand eine heute nicht mehr lokalosierbare Flur Judengrab.
Die meisten dieser Anlagen werden durch natürlichen Verfall unkenntlich geworden sein. Kaum ein jüdischer Friedhof einer Landgemeinde war im 16./17. Jahrhundert mit einer Mauer umgeben. Nicht einmal Grabsteine gab es in allen Fällen. In Aulendorf begnügten sich die dortigen jüdischen Familien nach der Überlieferung mit eichenen Stöcken oder Säulen, auf welchen in hebräischer Sprache der Name des Beerdigten eingeschnitten war (sogenannte Judenhölzle). Schnell hat sich die Natur solcher Begräbnisstätten wieder bemächtigt. Die äußere Gestalt eines alten Landfriedhofes hat sich noch in (Haigerloch-)Weildorf erhalten. Nur noch wenige Steine sind hier inmitten eines Waldstückes-ohne jede Abgrenzung des Grundstückes-vorhanden; die meisten sind im Waldboden versunken. Der Friedhof wäre ohne ständige Pflege in den vergangenen Jahrzehnten schon lange unkenntlich geworden. Wie schnell eine solche Anlage verschwunden sein kann, zeigt auch die Geschichte des alten (Horb-)Rexinger Friedhofes, der nach einer örtlichen Überlieferung bei einer Überschwemmung zerstört wurde und nicht wieder hergerichtet werden konnte.
Nachdem sich im Laufe des 19. Jahrhunderts Juden wieder im ganzen Land niederlassen konnten, entstanden zahlreiche neue Gemeinden in den größeren Städten. Sie erhielten auch ihre eigenen Friedhöfe. Fast durchweg wurden diese als ein Zeichen des nun zumeist recht guten Zusammenlebens in die allgemeinen Friedhöfe der Gemeinde-wenn auch abgesondert-integriert. Dies betrifft vor allem folgende Städte: Bruchsal (1879), Emmendingen (neuer Friedhof 1899), Esslingen (neuer Friedhof 1899), Heidelberg (neuer Friedhof 1876), Karlsruhe (neuer Friedhof, 1896, orthodoxer Friedhof 1896), Konstanz (1869), Lörrach (neuer Friedhof 1891), Ludwigsburg (alter Friedhof 1870), Mannheim (neuer Friedhof 1840), Offenburg (neuer Friedhof 1870), Pforzheim (neuer Friedhof 1877), Stuttgart (Hoppenlauffriedhof 1834, Pragfriedhof 1874), Ulm (Frauenstraße 1852, Stuttgarter Straße 1899). Unabhängig vom allgemeinen Friedhof einer Stadt wurden jüdische Begräbnisstätten angelegt in Bretten (1883/84), Freiburg (1870), Heilbronn (1867/68), Karlsruhe (Kriegsstraße 1826), Pforzheim (alter Friedhof 1846), Rastatt (1881), Esslingen (alter Friedhof 1807).
Auch in kleineren jüdischen Gemeinden wuchs im Laufe des 19. Jahrhunderts das Bedürfnis nach einem eigenen Friedhof in unmittelbarer Nähe. Durch das Anwachsen der jüdischen Landbevölkerung bis zur Mitte dieses Jahrhunderts war es in einigen Fällen (so in Külsheim) nicht mehr möglich, die zentrale Anlage beliebig zu erweitern, so daß den bisherigen Gemeinden des Friedhofsverbandes nahegelegt wurde, eigene Friedhöfe anzulegen. An neuen jüdischen Friedhöfen entstanden im Laufe des 19. Jahrhunderts (da die Jahre der Anlegung fast durchweg bekannt sind, ist eine chronologische Anordnung nicht möglich): (Dörzbach-)Laibach (um 1800), (Haiterbach-)Unterschwandorf (1801), Haigerloch (neuer Friedhof 1804), (Schwäbisch Hall-)Steinbach (1809), Eichstetten (1809), (Neuenstadt-)Stein a.K. (um 1810), Freudental (neuer Friedhof 1811), (Ravenstein-)Merchingen (1812/33), Durbach (1813), Eppingen (1818/19), (Gerabronn-)Dünsbach (1823), (Bopfingen-)Oberdorf (1825), Öhringen-)Wangen (1827), (Horb-)Dettensee (1830), (Rheinau-)Freistett (um 1830), (Riesbürg-)Pflaumloch (1833), Bühl (1833), Weingarten (1833), Krautheim (1837), (Wallhausen-)Michelbach a.d.L. (1840), (Heilbronn-)Sontheim (1840/41), Crailsheim (1841), Ladenburg (1848), Rottweil (1850), Eberbach (um 1850?), Müllheim (1850), Königsbach(-Stein) (um 1850), Breisach (neuer Friedhof um 1850), (Dörzbach-)Hohebach (1852), (Rielasingen-)Worblingen (1857), (Mannheim-)Feudenheim (1858), Ilvesheim (um 1860), (Efringen-(Kirchen (1865), (Angelbachtal-)Michelfeld (1868), (Bad Friedrichshall-)Kochendorf (1870), Ihringen (1870), (Stuttgart-)Bad Cannstadt (1872/73), Schriesheim (1874), Oedheim (1874), Hardheim (1875), (Königheim-)Gissigheim (1875), Tauberbischofsheim (1875), (Tauberbischofsheim-)Hochhausen (1875), (Bad Schönborn-)Bad Mingolsheim (1878), Hockenheim (1879), (Schwanau-)Nonnenweier (1880), Walldorf (um 1880), Bad Rappenau (1881), (Adelsheim-)Sennfeld (1882), Ittlingen (1887), (Walzbachtal-)Jöhlingen (1881), Philippsburg (1889/90), Sinsheim (1890), Schwetzingen (1893), Meckesheim (1896), Bad Wimpfen (1896), (Leingarten-)Schluchtern (um 1900).
In einigen Gemeinden bestand gleichfalls der Plan, einen eigenen Friedhof zu errichten, doch wurde dieser aus unterschiedlichen Gründen nicht verwirklicht. In (Rheinau-)Rheinbischofsheim befürwortete um 1800 die Familie des Löw Simson die Einrichtung einer Begräbnisstätte. Da fast alle anderer Familien des Ortes jedoch für die Beibehaltung des Begräbnisplatzes in Kuppenheim waren, erreichte Löw Simson nur eine Begräbnisstätte für seine Familie. Auch die Pläne zur Errichtung jüdischer Friedhöfe in (Schwaigern-)Massenbach, wo bereits ein Grundstück hierfür angekauft worden war, und in Reilingen (1895) wurden nicht verwirklicht. Zu einer Notanlage kam es 1871 in Lichtenau, als drei bei einer Blatternepidemie verstorbene jüdische Gemeindemitglieder nicht in Freistett beigesetzt werden konnten. Doch blieb es bei diesen drei Beisetzungen in Lichtenau; der kleine Friedhof wurde nicht weiter belegt. Im 19. Jahrhundert setzte ein Prozeß der Schließung jüdischer Friedhöfe ein, da aus etlichen Orten die jüdischen Einwohner abwanderten. So wurden unter anderem in (Dörzbach-)Laibach 1860, in (Haiterbach-) Unterschwandorf 1879, in Durbach 1917 und in (Königheim-)Gissigheim 1927 die jüdischen Begräbnisstätten geschlossen, nachdem die letzten Juden weggezogen waren.
Nicht nur am Ende des Mittelalters war es zu zwangsweisen Auflösungen jüdischer Friedhöfe gegen den Willen der jüdischen Gemeinden gekommen. Auch aus dem 18. und 19. Jahrhundert liegen solche Fälle vor. 1773 mußte ein erst vier Jahre zuvor in (Ravenstein-)Hüngheim angelegter Friedhof auf Anweisung der Ortsherrschaft geschlossen und wieder abgeräumt werden 1811 ließ der württembergische König Friedrich das Schloß Freudental zu einem Sommersitz für den Jagdaufenthalt umbauen und erweitern. Da der bisherige Friedhof auf dem Gelände einer geplanten Fasanerie lag, verordnete Friedrich der jüdischen Gemeinde eine neue Anlage und ließ die alte vermutlich rasch entfernen. Die näheren Umstände dieser Aktion sind unklar; jedenfalls bedeutete der willkürliche Beschluß des Königs einen ungeheueren Eingriff in die religiösen Rechte der Freudentaler Juden. In Karlsruhe hatte sich die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstandene jüdische Gemeinde 1723 einen Friedhof am Mendelssohnplatz eingerichtet. 1826 wurde er geschlossen und eine neue Begräbnisstätte an der Kriegsstraße angelegt. Von seiner ursprünglich abseitigen Lage vor der Stadt war der alte Friedhof durch die Ausdehnung des Stadtkerns immer mehr in das Zentrum gerückt. 1898 mußte er daher aus verkehrstechnischen Gründen eingeebnet werden. Seitens der jüdischen Gemeinde erhob sich heftiger Widerstand, der keinen Erfolg hatte: Das Gelände wurde enteignet. So mußten die am Mendelssohnplatz beigesetzten Personen teilweise auf den Friedhof Kriegsstraße oder auf die neue Anlage an der Haid- und Neustraße umgebettet werden. Die Grabsteine wurden entlang der Umfassungsmauern des Friedhofes Kriegsstraße aufgestellt. Weitere Abräumungen jüdischer Friedhöfe geschahen in der NS-Zeit (Mannheim 1938, in anderen Gemeinden von 1938 bis 1943).
Die jüngsten jüdischen Friedhöfe entstanden seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts in (Karlsruhe-)Grötzingen (um 1900), Ellwangen (1901), (Mannheim-)Feudenheim (1904), Göppingen (1904), Horb (1904), Nordrach (1907), Öhringen (1911), Baden-Baden (1918/21), Kehl (1924), Stuttgart (Steinhaldenfeld 1937/38). In den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts kam es auch immer wieder vor, daß sich Juden in allgemeinen Friedhöfen beisetzen ließen. Dies kam sowohl in Städten wie in Landgemeinden vor (so in Geisingen, 1924 Grab des Tierarzts Dr. Marx oder in Blaustein-Herrlichingen, 1919 Grab von Dr. Weimersheimer).
Nach 1918 wurden auf vielen jüdischen Friedhöfen Ehrenmale und Ehrenhaine für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aufgestellt bzw. angelegt. Die Denkmale geben ein erschütterndes Zeugnis von der Verbundenheit der deutschen Juden zu ihrem Vaterland, für das sie in den Krieg gezogen waren: Eiserne Kreuze, Stahlhelme und Eichenlaub sind nicht selten Zierde derartiger Denkmale.
Bereits in den zwanziger Jahren wurden vielerorts jüdische Friedhhöfe von Anhängern der Nationalsozialisten heimgesucht und geschändet (unter anderem wurde 1929 der Friedhof in Niederstetten mit Hakenkreuzen beschmiert; an anderen Orten wurden immer wieder Steine umgeworfen), doch konnten die Begräbnisstätten auch nach 1933 zunächst ohne Einschränkungen weiterbelegt werden. In der Reichspogromnacht 9./10. November 1938 teilten jedoch viele Friedhöfe und Friedhofshallen das Schicksal der Synagogen. An zahlreichen Orten brannten die Friedhofshallen nieder oder wurden schwer demoliert.
Nach der Deportation der jüdischen Bewohner seit 1940 wurden die Friedhöfe allesamt geschlossen. Innerhalb weniger Jahre sollten auch diese Erinnerungen der jüdischen Geschichte vom Erdboden verschwinden. Freilich hat man diesen Plan glücklicherweise nur mancherorts in die Tat umsesetzt. In (Waldshut-)Tiengen wurde der Friedhof dem Erdboden gleichgemacht und zu einem Sportplatz umgestaltet. Die Grabsteine wurden unter anderem beim Bau einer Gartenmauer verwendet. In Oedheim haben SA-Leute durch Sprengungen den Friedhof bereits 1938 zerstört. In Neckarsulm wurde die Anlage abgeräumt, die Grabsteine zum Straßenbau verwendet. Besonders schwer zerstört wurden auch die Friedhöfe in (Schwäbisch Hall-)Steinbach und Pforzheim (alter Friedhof). Bei einigen Friedhöfen (z.B. Ellwangen und Öhringen) wurden die Grabsteine entfernt, jedoch von örtlichen Steinmetzen aufbewahrt und nach dem Krieg wieder aufgestellt. Auch an anderen Orten kam es aus verschiedenen Gründen nicht zu einer völligen Zerstörung. In (Bad Rappenau-)Heinsheim sollte die politische Gemeinde den jüdischen Friedhof erwerben, einebnen und landwirtschaftlich nutzen. 1944 wurde zwar mit der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland ein Kaufvertrag abgeschlossen, dieser jedoch nicht im Grundbuch eingetragen. So kam es, daß die Gräber unangetastet blieben. Nicht einmal das schmiedeeiserne Tor wurde abmontiert und der Verwertung für Rüstungszwecke zugeführt, wie es befohlen worden war.
1943/45 wurden auf vielen Friedhöfen im Auftrag des Reichsinstitutes für Geschichte des neuen Deutschlands die Grabsinschriften aufgenommen, da "sie die einzige Quelle für die genealogische Erforschung des Judentums und seiner Verbreitung im deutschen Volkskörper darstellen" (zitiert aus einem Schreiben des Staatsarchivs Sigmaringen an den Hechinger Bürgermeister vom 13. November 1943). Aus diesem Grund sollten auch die jüdischen Friedhöfe vor einer weiteren Zerstörung vorläufig verschont bleiben.
1944/45 sind in einigen Gemeinden die Friedhöfe durch Kriegshandlungen zusätzlich in Mitleidenschaft gezogen worden (Stuttgart, Pragfriedhof; aber auch in Landgemeinden wie Neuenstadt-Stein a.K.).
Die Zahl der Grundstücke, auf denen Juden beigesetzt wurden, vermehrte sich gegen Ende des Krieges nochmals beträchtlich durch die Anlage von Massengräbern in der Nähe der zahlreichen in Südwestdeutschland bestehenden grausamen Außenkommandos von Konzentrationslagern. Nach 1945 wurden die Massengräber aufgelöst und in größere Friedhöfe mit Einzelgräbern umgewandelt, die sich an etlichen Orten Südwestdeutschlands bis zur Gegenwart befinden. Insbesondere zählen dazu die KZ-Friedhöfe in Binau (Teil des jüdischen Friedhofes), Bisingen, Dautmergen und Schömberg (gemeinsamer KZ-Friedhof), Dormettingen (i</font>m<font> allgemeinen Friedhof), Esslingen (Teil des jüdischen Friedhofes mit Toten aus dem KZ Echterdingen), (Sachsenheim-)Großsachsenheim, (Bad Friedrichshall-)Kochendorf, Leonberg (Teil des städtischen Friedhofes), (Heilbronn-)Neckargartach, (Kraichtal-)Neuenbürg (Teil des allgemeinen Friedhofes), Offenburg (Teil des jüdischen Friedhofes), (Schömberg-)Schörzingen, Spaichingen, (Gäufelden-)Tailfingen (Teil des allgemeinen Friedhofes), Markgröningen-)Unterriexiengen, Vaihingen/Enz, Welzheim, Westerstetten (sogenanntes Judengrab auf allgemeinem Friedhof) und an einigen anderen Orten, bei denen zum Teil unklar ist, ob die Beigesetzten auch jüdische Zwangsarbeiter waren. Ende des Krieges wurden unter Ignorierung der jüdischen Religionsgesetze auch nichtjüdische Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen und derer Kinder auf einigen jüdischen Friedhöfen beigesetzt. (so in Bad Rappenau).
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